Weihnachten als Single – runter mit dem Happy Face, her mit der neuen Tradition

Djuke Nickelsen

Weihnachten. Fest der Liebe. Heimelige Tage mit der Familie. Anregende Gespräche, Gelächter, das Essen der Kindheit. Endlich viel Zeit füreinander und alle sind friedlich, liebevoll, beseelt. Hach!

Jedenfalls sollte es so sein, finden die Medien. Und es ist verdammt schwierig sich diesem jährlichen Weihnachts-Brainwashing zu entziehen, wenn man nicht in einer Felshöhle lebt. Die Latte der Erwartungen ans Fest liegt hoch.

Über vier Jahrzehnte lang habe ich Weihnachten bei meiner Herkunftsfamilie an der Nordsee verbracht und hatte dort mal mehr, mal weniger Freude während der Feiertage. Ich habe aber nie darüber nachgedacht, dass ich ja auch mal was anderes an Weihnachten tun könnte. Mal abgesehen von den beiden heftigen Corona-Jahren 2020 und 2021. Da war Weihnachten anders für mich, aber das war keine komplett freiwillige Entscheidung.

Dieses Jahr hatte ich aus verschiedenen Gründen auf meinen bisherigen Weihnachtsplan keine Lust. Ein wesentlicher Faktor: absolut null Bock auf den Reisestress, der damit verbunden ist.

Was ich nicht will, war mir sehr früh in diesem Jahr klar. Nur: Was will ich denn stattdessen? Was ist meine Alternative? Ich bin Single und habe keine Kinder. Wohin mit mir an Weihnachten?

Die Antwort auf diese Frage zu finden hat einige Zeit gedauert. Der Weg dahin war nicht leicht und hat oft auch weh getan. Was geholfen hat: radikale Ehrlichkeit, Neugier und mehrere sehr hohe Sprünge über meinen eigenen Schatten. Dazu zählt auch die Entscheidung, die Rauhnächte zu zelebrieren.

Zwei harte Wahrheiten

Dass ich Weihnachten nicht nach Norddeutschland fahre, entscheide ich im Oktober. Die erste Hürde auf dem Weg zu diesem Vorhaben: Ich muss und ich will die Entscheidung meiner Mutter mitteilen. Denn da bin ich die letzten Jahrzehnte Ende Dezember gewesen. Ich schleiche ein paar Tage ums Telefon rum und suche nach den richtigen Worten. Will das möglichst taktvoll rüberbringen, lege mir Argumentationsketten zurecht. Erreiche sie mehrfach nicht. Und dann läuft alles ganz anders.

“Du kommst nicht zu Weihnachten? Ach, dann brauche ich ja endlich keinen Weihnachtsbaum mehr!” sagt meine Mutter als Erstes. Und dann: “Es wurde ja auch mal Zeit, dass du dir deine eigene Weihnachtstradition aufbaust.”

Schluck.

Das muss ich erstmal verdauen. Ich bin mir sicher, dahinter steht auch ein “Schade, dass du nicht kommst!” Aber die Worte sitzen. Ich komme mir vor wie ein Klotz am Bein, der anderen Weihnachtskram aufzwingt. Kein schöner Gedanke. Und vermutlich wahr. Ohne meinen Besuch hätte meine Mutter sicher schon vor Jahren aufgehört, weihnachtlich zu schmücken – und vor allem: die Deko dann wieder abzubauen. Zum Aufhängen war ich ja immer mit Freude dabei, aber nie zum Abhängen. Da war ich längst wieder in meinem Leben in der Großstadt.

Und das mit der fehlenden eigenen Weihnachtstradition trifft ebenfalls einen wunden Punkt. Denn auch damit hat meine Mutter völlig recht: Sowas hab ich nicht. Abgesehen davon, dass ich jedes Jahr dutzende Weihnachtskarten versende, aber damit bin ich zu Heiligabend längst durch.

Vorweihnachtliches Chaos im Wohnzimmer
Vorweihnachts-Ritual: Liebe in die Welt schicken

Die gesellschaftliche Norm nagt am Selbstwert

Kein Partner, keine Kinder. An mindestens 333 Tagen im Jahr bin ich glücklich mit diesem Status. Es gibt eine Menge Probleme, die ich dadurch nicht habe: Keinen Streit über das Wohlfühl-Maß an Ordnung und Sauberkeit in der Wohnung. Keine kräftezehrende Begleitung kindlicher Trotzanfälle. Keine Berührungspunkte mit dem maroden Berliner Bildungssystem (halleluja!).

Ganz frei vom Druck der gesellschaftlichen Norm bin ich aber nicht. Zu Feiertagen und Urlaubszeiten empfinde ich meinen Nicht-Familienstatus regelmäßig als schmerzlichen Mangel.

Ich fühle mich mies dabei, dass ich jedes Mal wieder neu planen muss, mit wem ich diese Zeiten verbringe. Nicht so sehr wegen der Energie, die ich aufwende, um mir freundliche Gesellschaft zu organisieren. Sondern ich fühle mich als Versagerin, dass das überhaupt nötig ist. Dass immer noch nicht klar ist, wer “mein Mensch” ist und mit dem es die unausgesprochene Vereinbarung gibt: “Wir verbringen die Zeit auf jeden Fall zusammen. Wir wissen vielleicht noch nicht, wo oder wer noch dabei ist. Aber wir zwei, wir erleben das gemeinsam!”

Auf der Suche nach einem Platz für Heiligabend

Dass ich nicht weiß, mit wem ich Weihnachten verbringe, nagt den ganzen November an mir. “Es muss doch irgendwo einen Platz für mich geben an Heiligabend!” ist mein Gedanke. Und muss in meinem Frust innerlich grinsen, denn für einen kurzen Moment erninnere ich mich an Josef und Maria, die ja bekanntermaßen auch dringend eine Herberge für genau diese Nacht gesucht haben.

In Gesprächen bringe ich immer wieder die “Weihnachtsfrage” unter. Ergebnis der kleinen Feldstudie: In meinem bunten Kreis an Freund:innen gibt es 3 Varianten, das Fest zu verbringen.

  • Gemütliche und bewusste Zweisamkeit als Paar zu Hause
  • Sonne tanken oder richtig Schnee? Egal, jedenfalls weit weg von Berlin
  • Zur Bescherung ab zu Mama und Papa, zu Mama oder Papa, oder in ein weihnachtliches Patchwork-Potpourri. Location: die alte Heimat, die in den meisten Fällen mehrere Stunden Fahrt entfernt von Berlin ist. Also mein Programm der letzten Jahrzehnte.

Unabhängig davon, ob es in diesen Weihnachtsplanungen einen Platz für mich gäbe: Alle drei Varianten sind so, dass ich nicht dabei sein möchte. Ich will nicht das fünfte Rad am Wagen bei der Pärchenweihnacht sein. Ich will dieses Jahr in der Vorweihnachtszeit nicht verreisen. Und schon gar nicht will ich erleben, wie meine Freund:innen unterm elterlichen Weihnachtsbaum wieder zu Kindern werden.

Außerdem, auch das ist Teil meiner erkenntnisreichen Reise: Es fällt mir wirklich schwer zu fragen “Kann ich mit euch Weihnachten feiern?” Ganz besonders Heiligabend scheint ein Tag zu sein, an dem alles feststeht und alles so gemacht wird wie immer mit denselben Menschen wie immer. Ich komme mir in meinem Kopf wie ein Eindringling vor.

Erfolglose Ablenkungsmanöver

Anfang Dezember weiß ich vor allem, was ich nicht will an Heiligabend. Ein Gewinn an Erkenntnis, danke dafür. Hilft aber nicht, meine Laune zu verbessern. Mein Energielevel ist im Negativbereich. Die Dezember-Dunkelheit drückt mich runter, alles kostet mich wahnsinnig viel Kraft. Keine Energie, irgendwas an Weihnachtsdeko zu arrangieren. Kein Bock auf Weihnachtsmarkt. Keine Lust, einen Adventskranz aufzustellen.

Ich mag nicht mal Kerzen anzünden und schleppe mich mit Ach und Krach durch die Tage. Versuche, die Weihnachtsfrage zu ignorieren. Was nur so mittel gelingt, denn Heiligabend ist einfach die krasseste Deadline, die es gibt im Jahr. Das Ding steigt am 24. Dezember, ob mir das passt oder nicht.

Was zum Heiligabend ja dazugehört, sind: Geschenke. Ich finde, dass ich in meinem Zustand unbedingt beschenkungswürdig bin und beschließe, mir etwas gönnen. Am Freitag vor dem dritten Advent habe ich frei und mache mich auf zu einer Expedition in einen großen Buchladen. Streife durch die Abteilungen, ziehe immer mal wieder Sachen aus dem Regal: einen Thriller von Jeffery Deaver, den ich noch nicht kenne. Ein Sammlung irischer Märchen. Eine wunderschön illustrierte Ausgabe von “Fantastic Beasts and Where to Find Them”. Aber ich kann mich auf nichts konzentrieren.

Weihnachten in der Schloßstraße in Berlin
Weihnachtsmarktbesuche dieses Jahr: 0

Meine innere Mrs. Umbridge nervt und bringt es auf den Punkt

Schließlich sinke ich ermattet in einen riesigen Sessel. Auf diesen Moment hat die fiese Stimme in meinem Kopf gewartet, denn ich bin jetzt zu schwach, um sie zu unterdrücken. “Selbst schuld!” tönt es. “Als Single musst du halt deine Ansprüche mal runterfahren und dich anpassen!” – “Wer mit über 40 noch keine eigene Weihnachtstradition hat, hat das Leben nicht im Griff!” Und immer wieder: “Du bist eine Versagerin! Du bist eine Versagerin!”

Diesen destruktiven Teil in mir kenne ich gut. Es ist meine innere Mrs. Umbridge, und ich hasse es, wenn sie mich besucht. Ich ziehe den Kopf ein und lasse sie zetern. Je länger ich ihr zuhöre, desto leiser wird sie. Als sie ganz still ist, will ich wissen: “Weswegen beschimpfst du mich eigentlich so? Das macht mich rasend!”

“Dann habe ich ja mein Ziel erreicht”, flötet Mrs. Umbridge. “Denn wenn du so wütend bist, merkst du deine Traurigkeit nicht. Und das wäre doch viel anstrengender. Meinst du nicht auch?”

Wummms! Schon wieder eine unangenehme Weihnachts-Wahrheit. Denn ich merke: Sie hat recht. Durch den Fokus, den ich darauf gelegt habe, an welchen Heiligabend ich wohl andocken könnte, durch meine Kraftlosigkeit und auch durch meinen Trip hier in den Buchladen habe ich mich abgelenkt von dem, was eigentlich los ist. Von dem, was anstrengend ist, weil es weh tut: Ich bin gerade traurig, dass ich alleine bin. Ich finde, Heiligabend ist ein Kacktag für kinderlose Singles.

Endlich ehrlich mit mir selbst

Ich bin traurig. Den Satz zu denken, kostet mich Überwindung, ihn zu schreiben noch mehr. Sicheres Zeichen für eine neue Wahrheit. Ich habe einen blinden Fleck auf meiner inneren Landkarte gefunden. Eine Gegend, die ich üblicherweise meide. Und genau deswegen habe ich immer noch so viel Unruhe zum Thema Weihnachten in mir, denn offensichtlich führt der Weg zur Lösung dadurch. Durch die Traurigkeit. Die nicht angenehm ist.

Immerhin weiß ich jetzt endlich, was mit mir los ist. Ich brauche kein neues Buch, ich brauche Selbstmitgefühl.

Selbstmitgefühl zu haben bedeutet: mir selbst die Freundlichkeit entgegenzubringen, die ich einem lieben Freund in derselben Situation schenken würde. Ich umarme mich also innerlich. Ich umarme das Unperfekte, Unvollkommene in mir. Sage mir, dass es okay ist, traurig zu sein. Dass es schwer sein darf, in der zuckergusstriefenden Weihnachtszeit keinen Partner zu haben. Und gebe mir die Erlaubnis, mein Happy Face abzusetzen, vor allem vor mir selbst.

Das dauert. Ich weiß nicht, wie lange ich mitten im Vorweihnachtstrubel in einem von Berlins größten Buchläden sitze. Die Verkäuferinnen halten mich vermutlich schon für Inventar, aber immerhin hat mir noch keine ein Preisschild aufgeklebt.

Ich erschaffe ein Weihnachts-Vakuum

Weihnachten kommt, ob ich will oder nicht. Zusammen mit meiner Traurigkeit überlege ich, wie wir die Tage gemeinsam gut rumkriegen. Ob ich nochmal intensiv rumfrage, wer sich an Heiligabend über meine Gesellschaft freut? Oder mich doch in den Vorweihnachts-Reiseverkehr stürze, um mit einer guten Freundin und ihrer Familie weit weg von Berlin zu feiern? Mitten in diesen Gedanken stolpere ich über dieses Zitat von Nietzsche: “Ich hasse es, wenn mir jemand meine Einsamkeit stiehlt, ohne mir im Gegenzug echte Gesellschaft zu bieten.”

Und mir wird klar: Wenn ich mir selbst dieses Jahr an Weihnachten meine Einsamkeit stehle, nur um nicht alleine zu sein, ändert sich nichts. Also entscheide ich: Ich bleibe ganz für mich und finde raus, wie ich diese Tage unabhängig von anderen für mich zu einer guten Zeit mache. Und wer weiß – vielleicht ist das ja der Anfang meiner eigenen Tradition?

Meine erste Tat ist: Ich werfe mein schlechtes Gewissen angesichts meines bisherigen verdrucksten Weihnachts-Nihilismus aus dem Fenster und mache daraus ein Experiment: Ich lasse absichtlich alles weg, was üblicherweise an Chichi mit diesem Feiertag verbunden ist und gucke, ob ich irgendetwas davon vermisse.

Es gibt also weiterhin keinen Adventskranz und die jahreszeitlich übliche Deko bleibt auch im Keller. Es wird auch keine Plätzchen geben, weder selbstgebacken noch gekauft. Keinen Schoko-Weihnachtsmann. Keinen Weihnachtsbaum. Weder Aschenbrödel noch “The Holiday” oder den Grinch auf dem Screen. Und Weihnachtsmusik verbanne ich ab jetzt auch aus meinen vier Wänden.

Was bleibt: Mein dicker Fleecepulli mit Rentier-Muster. Eine rotweiße-Tischdecke mit Schneemännern und Tannenbäumen. Meine Macke, jeden Tag trashige Weihnachtsohrringe spazieren zu führen. All das gehört wirklich zu mir und hat keine Verbindung zur alten Weihnachtstradition an der Nordsee.

Ich bin sehr neugierig, was sich wohl an die Stelle dieses Weihnachts-Vakuums schiebt. Und zuversichtlich, dass es schön wird.

Weihnachtsohrringe
Kleiner Ausschnitt meiner Kollektion an Weihnachtsohrringen. Trashig? Kitschig? Aber hallo. I love it!

Bye-bye Weihnachten, hallo Yule!

Schon seit Ende Oktober habe ich für den 21. Dezember einen Termin im Kalender: ein Auftakttreffen, um gemeinsam mit einer Gruppe die Rauhnächte zu zelebrieren – das ist die Zeit “zwischen den Jahren”, vom 25. Dezember bis zum 6. Januar. Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet. Bisher verbinde ich “Rauhnächte” mit dem rituellem Verbrennen von Wünschen und allerlei Esoterik. Zugesagt hab ich vor allem, weil eine liebe Freundin von mir das Ganze anleitet, von der ich weiß: bei ihr bin ich in guten Händen. Mit dieser Gewissheit bin ich neugierig auf das, was mich in den Rauhnächten erwartet.

Spoiler: Dieses Abenteuer zu wagen, war das Beste, was mir dieses Jahr passieren konnte!

Meine Freundin gestaltet den Auftakt zu den Rauhnächten so liebevoll, dass ich all meine Skepsis ablege und beschließe: Ich lasse mich wirklich drauf ein. Die Wintersonnenwende zelebrieren, Yule statt Weihnachten, eine besondere Verbindung zur winterlichen Natur aufbauen und eine 12-tägige Phase mit Zeit für Reflexion und Innenschau – all das hab ich noch nie gemacht. Beste Voraussetzungen dafür, dass ich etwas Spannendes erlebe!

In großen Sprüngen über den eigenen Schatten

Vor allem fasziniert mich die Fülle an Geschichten und Mythen rund um diese Zeit, die aus allen möglichen Kulturkreisen kommen. Immer ein Zeichen dafür, dass Menschen nach Erklärungen für bedeutsame Vorgänge in der Natur suchen. Noch am Abend des 21. Dezember lese ich alles, was ich online rund um die Rauhnächte finde. Weil mir das irgendwann zu mühsam wird, gehe ich am nächsten Tag noch mal in den Buchladen – eine Woche nachdem ich genau dort verstanden habe, dass Traurigkeit der Grund für meinen angekratzten Selbstwert ist.

Der erste Sprung über meinen Schatten im Zusammenhang mit den Rauhnächten: Um an Literatur dazu zu kommen, muss ich in der Esoterik-Abteilung des Ladens stöbern.

Ich. In der Esoterik-Abteilung. Mit der ernsthaften Absicht, in dem Bereich etwas Nützliches zu finden.

Ich grinse in mich hinein und gucke mich anfangs ab und zu verstohlen um, ob zufällig irgendjemand in der Nähe ist, den ich kenne. Aber irgendwann ist es mir egal. Ich versinke in den Büchern und finde auch tatsächlich etwas.

Dann wage ich den zweiten Sprung über meinen Schatten: Ich schenke mir Orakelkarten. Denn anders als gedacht geht es in den Rauhnächten weniger um eine Rückschau, sondern um einen Blick aufs kommende Jahr. Und dazu wird gern orakelt, habe ich eben aus meiner Lektüre erfahren. Kann ich jetzt auch – mit einem Kartenset aus Tieren und Pflanzen.

Literatur zu den Rauhnächten
Meine Geschenke an mich: ein Buch über Bräuche und Rituale zu den Rauhnächten, eine Sammlung an Märchen und Spukgeschichten, ein Rauhnächte-Tagebuch und – am meisten überrascht bin ich selbst davon – Woodland Wardens, ein Set an Orakel-Karten.

Räuchern? So ein Unfug!

Was ich auch nicht wusste: Die Rauhnächte starten schon viel früher als am 25. Dezember. Jedenfalls die Vorbereitungen dazu. Der Legende nach sind zwischen den Jahren ganz besonders viele Geister unterwegs, und damit die bei ihrem Besuch im Haus über nichts stolpern, soll vorher alles hübsch aufgeräumt werden.

Nun ja – meine Wohnung sieht aus wie eine Wohnung halt so aussieht, wenn jemand viele Wochen weder Energie noch Lust zum Putzen gehabt hat. Also lege ich los. Mit Ehrgeiz! Offensichtlich sind ominöse Wesen aus der Anderswelt die bessere Motivation als “eine saubere Wohnung wäre doch schön.”

Außerdem ziehe ich das erste Mal in meinem Leben eine Orakelkarte ganz für mich allein. Ich will wissen: “Was soll ich beachten, damit der 24. Dezember ein schöner Tag für mich wird?” Die Karte, die ich ziehe, zeigt einen frechen Marder und wunderschöne Fingerhut-Blüten, die angeblich Feen beherbergen. Die Botschaft dazu lautet ausgerechnet: Unfug. Als ob das Orakel meine Gedanken lesen könnte…

Orakelkarte Woodland Wardens: Unfug
Die allererste Orakel-Karte meines Lebens hat für mich die Botschaft “Unfug”.
Isn’t it ironic? 😀

Ob’s der Zufall war, der mir diese Karte geschickt hat, oder ein Wesen aus der Anderswelt: ein bisschen verspielter Unfug tut dem dieses Jahr so schweren Heiligabend bestimmt gut, da bin ich mir sicher.

Meine erste Spielerei ist: Ich räuchere meine Wohnung. Das soll man tun am Heiligabend, dem Vorabend der ersten Rauhnacht. Selbst beim Schreiben schüttele ich noch amüsiert den Kopf über mich… Ich habe noch nie geräuchert, üblicherweise wird mir schlecht von intensiven Gerüchen und außerdem soll das Zeug krebserregend sein. Aber: Ich habe mir selbst versprochen, mich auf die Rauhnächte einzulassen. Und ich soll Unfug treiben. Also los!

Beim Aufräumen am Tag vorher habe ich zufällig Weihrauch-Räucherstäbchen gefunden, die mir eine Bekannte zum Geburtstag geschenkt hat. Ich hätte nicht geglaubt, dass ich die jemals benutzen würde, aber: Wann, wenn nicht jetzt? Zum Vorgehen finde ich unterschiedliche Anleitungen – im Uhrzeigersinn, gegen den Uhrzeigersinn, eine Runde durchs Haus, zwei Runden, mindestens eine Stunde lang,… Eine sagt: “Verlass dich auf deine Intuition!” Klingt beruhigend, den Rat nehme ich. Und ziehe mit einer DIY-Halterung für Räucherstäbchen durch alle Räume. Ich hab kein professionelles Räucher-Equipment, will aber definitiv keine Asche auf dem blitzeblanken Boden verteilen. Da musste ich kreativ werden.

Räucherstäbchen für die Rauhnächte
Ein Brettchen + ein halber Apfel + Räucherstäbchen. Fertig ist das DIY-Räucher-Set.

Ob’s was genützt hat, das Räuchern? Wer weiß. Geschadet hat es sicher nicht. Ich war fokussiert und hatte tatsächlich Spaß an der Sache.

Mein Mitternachts-Ritual

Die Fülle an Rauhnachts-Bräuchen hat für den 24. Dezember noch eine weitere Anregung, die für mich in die Kategorie “Unfug” passt: Wer um Mitternacht an eine Wegkreuzung in der freien Natur geht, soll das Angesicht seines zukünftigen Liebsten sehen. Na, das probier ich aus!

Ein später Spaziergang am Heiligabend ist eine schöne Idee. Nur das mit der “freien Natur” wird mitten in Berlin schwierig. Ich beschließe: Die nah gelegene Schrebergartensiedlung muss reichen. Um 23.40 Uhr will ich aufbrechen. Was noch aufbricht, ist der Himmel… Es gießt in Strömen, und dazu tobt ein Sturm über die Dächer hinweg. Ohne die “Unfug”-Karte wäre ich schön im Warmen geblieben, aber: ich habe einen Auftrag vom Universum. Ich warte noch 10 Minuten, dann packe ich mich dick ein und stiefele los.

Von der gut beleuchteten Straße in die dunkle Schrebergartensiedlung zu abzubiegen, kostet wirklich Überwindung. Sehr tief rein möchte ich nicht, ich bleibe an der zweiten Kreuzung stehen, geschützt vom direkten Licht der Straßenlaternen. Ob es schon Mitternacht ist? Der Sturm zerrt an meinem Mantel – der Legende nach ist das die “Wilde Jagd”, die über den Himmel fegt, je nach Kulturkreis angeführt vom Kriegsgott Odin oder von Frau Holle.

Ich will nicht auf die Uhr gucken, dazu müsste ich mein Handy rauskramen. In der Nähe ist eine Kirche, da läutet es doch sicherlich um 12 Uhr? Ich ziehe mir die Kapuze vom Kopf, um besser hören zu können. Der Regen hat solche Wucht, dass er wie Sandkörner im Gesicht sticht.

Rauhnächte: unheimlicher Baum
Meine Gesellschaft um Mitternacht: ein knorriger Apfelbaum mit winternackten Ästen.

Da! Das Mitternachtsgeläut! Ich habe mich noch nie so sehr über dieses vertraute Geräusch gefreut. Jetzt sollen hier also Hinweise auf meinen zukünftigen Liebsten zu finden sein. Um mich herum ragen winternackte Äste knorrig in die Luft. Von rechts höre ich ein metallisches “klönk, klönk, klönk”. Und von links… ist es unheimlich. Zweimal glaube ich Schritte zu hören, kann aber nichts erkennen. Ich beschließe: der Unfug hat jetzt ein Ende. Und eile nass wie ein Waschlappen nach Hause.

Heiligabend ist auch nur ein Tag im Kalender

Und jetzt? Ist Weihnachten vorbei. Ich habe überlebt. Mehr noch: Ich hatte eine richtig gute Zeit. Denn nicht nur an Heiligabend, sondern auch an beiden Weihnachtsfeiertagen hatte ich durch das Rauhnachts-Experiment richtig schöne Erlebnisse.

Traurig war ich auch ab und zu. Das durfte sein. Aber zu keinem Zeitpunkt habe ich mir gewünscht, irgendwo anders zu sein. Dabei hat mich vor allem mein Weihnachts-Nihilismus unterstützt. In meiner Wohnung gab es nichts, was mich an alte Traditionen, an das Weihnachten meiner Kindheit erinnert hat. Das hat geholfen, nichts davon zu vermissen.

War das jetzt die Geburtsstunde einer, meiner neuen Weihnachtstradition? Ich weiß es nicht. vielleicht treffe ich ja dieses Jahr auf meinen Zukünftigen – dem Mitternachtsorakel nach wird das ein Schmied sein, der entweder sehr schüchtern ist oder Angst hat vor der Dunkelheit. Und dann feiern wir zusammen noch mal ganz anders. Oder ich habe nächstes Jahr den Nerv, an Weihnachten zu verreisen. Oder ich lade alle Einsamen zu mir nach Hause ein, und wir räuchern, was das Zeug hält.

Stelle fest: Heiligabend ist auch nur ein Tag im Kalender. Woran ich merke, dass ich mir dabei nicht selbst in die Tasche lüge? Ich hatte am 24. Dezember nur echten Hunger, keinen emotionalen. Heißt: Ich habe mit Freude mein leckeres Essen gegessen, aber kein einziges Stück Schokolade oder sonstigen Süßkram. Hatte ich keinen Appetit drauf. Ein sicheres Anzeichen dafür, dass meine Seele mit allem versorgt war, was sie braucht.

Weihnachtsessen
Frohe Weihnachten! Glædelig jul!
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33 Kommentare

  1. Liebe Djuke,

    endlich wieder ein Artikel von dir, und dann noch zu meinem Hass-Liebe-Thema! Danke, wie ehrlich und unromantisch du das Ding mit Weihnachten für dich und uns aufdröselst.

    Es gehört so viel Mut dazu, eine Tradition abzusagen und das ist dann – Teufelauch – einfach okay!
    Ich habe mich um Mitternacht im verregneten Park ganz schön gegruselt. Die Rauhnächte begehe ich auch seit einigen Jahren und finde sie immer bereichernd, wie intensiv oder komprimiert ich sie auch zelebriere. Es ist einfach eine besondere Zeit!

    Ich habe viele Weihnachtsfeste ohne Familie, viele als Single, immer wieder anders erlebt. Ein paar Beispiele kannst du, wenn du magst, in meinem Weihnachtsartikel lesen: https://silke-geissen.de/midlife-memorys-der-wahre-geist-von-weihnachten/
    Wenn ich mich nicht darüber gegrämt habe, dass mich wieder mal keiner will, waren sie immer schön. Gestaltungshoheit hilft! Toll, dass du sie so schön genutzt hast. Es war mir ein Vergnügen, dich lesend durch die Zeit zu begleiten.

    Liebe Grüße Silke

    1. Liebe Silke, es tut gut zu lesen, dass jemand sieht, dass “eine Tradition absagen” auch Mut erfordert. Die Entscheidung war nicht einfach, aber an der Zeit.
      Danke auch für den Link zu “deinen” Weihnachtsfesten, da freu ich mich schon drauf, das zu lesen!

  2. Liebe Djuke,
    wieder einmal ein mutiger und wichtiger Beitrag von dir, ich liebe deine Texte!
    Ich gehöre zur Fraktion “lieb gewordene Tradition wiederholen”, so haben wir wie fast immer als Familie zusammengefeiert – und mit den mittlerweile erwachsenen, ausgezogen Kindern war es mir eine große Freude.
    Dennoch liebe ich auch die Abwechslung, wenn sie sich ergibt.
    In unserer Kirchengemeinde gibt es seit ein paar Jahren die Singlefeier nach dem 19-Uhr-Gottesdienst, der auch Nichtsingles offensteht. Solche Angebote finde ich auch großartig.
    Das Nietzsche-Zitat mag ich ganz besonders: “Ich hasse es, wenn mir jemand meine Einsamkeit stiehlt, ohne mir im Gegenzug echte Gesellschaft zu bieten.” Und so freue ich mich sehr, dass du auf dem Weg bist, deine eigene, schöne Tradition zu suchen und zu finden.
    Herzliche Grüße von
    Nicole

    1. Liebe Nicole, das ist ja eine schöne Idee von deiner Gemeinde! Da hat jemand mal richtig mitgedacht in Sachen Nächstenliebe und sich umeinander kümmern. Ein großes Dankeschön auch an alle, die dieses “gemeinsam statt einsam” organisieren!

  3. Hach, du schreibst so schøn, es liest sich so gut 🙂

    Und ich mag deine Ehrlichkeit total.

    Nun bin ich zwar seit ca 20 Jahren mit dem Herzliebsten zusammen, finde aber Weihnachten mit Partner eher weniger spannend – wir sind ja sonst immer zusammen und generell finde ich Weihnachten eine überflüssige Angelegenheit, ebenso wie ich fein ohne Ostern leben kann.
    Außerdem bin ich ja im Einzel- und Onlinehandel selbstständig, und da ist Weihnachten eine nervige aber wichtige Saison und außerdem Inventur. Da vergeht mir jede feierliche Stimmung.

    Wenn ich irgendwann mal alleine bin, dann will ich irgendwo ehrenamtlich dafür sorgen, dass andere die sich einsam fühlen ein schönes Weihnachten haben. Oder ich erfreue mich stressfreier Ruhe, auch eine Möglichkeit. 🙂

    Jedenfalls toll, dass du was neues für dich entdeckst! Ich folge dir gerne <3

    Liebe Grüsse, Britta

    PS. Als ich meiner Mama das eine Jahr mitteilte, ich könnte leider Weihnachten nicht kommen, war ich auch sehr angefressen, als sie meinte, das wäre überhaupt gar kein Problem. Ich war so auf 'trösten müssen' eingestellt, dass mich echt als unerwünscht gefühlt habe, obwohl ICH es war, die abgesagt hat. Hahaha.

    1. Liebe Britta, wie spannend zu lesen, dass du ein ähnliches Erlebnis mit deiner Mutter hattest zum Thema “Ich komm nicht an Weihnachten”. Unser Kopf erzählt uns eine Geschichte, wie es wohl sein wird. Und die Realität ist dann ganz anders 🤷‍♀️

  4. Liebe Djuke,
    Ich bin über deinen Artikel gestolpert und musste zwischendurch immer wieder schmunzeln… Du hast so herzlich über deine inneren Prozesse geschrieben und mich dabei an meine ersten Weihnachten 2016 erinnert, allein, und wie ich es dann gemeistert habe. Ich liebe die Rauhnachtsmagie und zelebriere sie schon seit 3 Jahren und immer wieder entdecke ich Neues! Danke für diesen humorvoll geschriebenen Beitrag über Weihnachten alleine, dass für viele noch herausfordernd ist. Hat man einmal Weihnachten nur mit sich alleine verbracht, wird es jedes Jahr leichter und hat auch viele Vorteile! Alles Liebe zu Dir und viel weitere spannende Momente im neuen Jahr! Sue 🎄😉❤️

    1. Liebe Sue, danke für deine Rückmeldung! Für mich war die Zeit “zwischen den Jahren” auch immer eine besondere. Der Körper merkt irgendwie, dass in der Natur was Spezielles liy ist. Jetzt war es das erste Mal, dass ich dieses “Bedondere” aktiv für etwas genutzt habe. War sehr spannend!

  5. Oh meine wundervolle, liebe Djuke 🥰 was für ein schöner, ehrlicher Artikel 😊 danke, dass du mich grad mitgenommen hast auf deine Reise weg von und hin zu Weihnachten – ich habe es sehr gefeiert 🥳 ich habe jedes deiner Worte verschlungen und war ganz nah bei dir 🥰 was für eine wunderbare Reise da begonnen hat – ich bin sehr gespannt wie sie weitergeht 🥰

  6. Liebe Djuke
    mit grossem Interesse hab ich deinen tollen und ehrlichen Artikel gelesen und bin deiner Transformation gefolgt! Für mich als geübte Rauhnächtlerin (und auch Anbieterin) ist es immer wieder spannend mit zu erleben, was diese Tage und Nächte so auslösen können. Mit Magischem habe ich keine Berührungsängste umso mehr mit Esotherik. Ich bin überzeugt davon, dass du dein persönliches Weihnachtsritual (frei von Dogmen) entwickeln wirst und ev. auch für andere Singels anbieten kannst? NLP bietet da eine hervorragende Basis.
    Dieses Jahr werde ich mit meinem Thema förmlich überrant.
    Viele Grüsse aus der Schweiz, Barbara-Mira

    1. Liebe Barbara, wie spannend, dass du Berührungspunkte zwischen NLP und Rauhnächten siehst. Ich nämlich auch!
      Ich nutze zum Beispiel intensiv die Kraft von Metaphern und Geschichten – da finde ich eine große Schnittmenge zum Orakeln. Ich bin gespannt, wohin mich meine Reise treibt!

  7. Danke für deinen so offenen und ehrlichen Blogartikel, gewürzt mit der Djuke-typischen Portion Humor. Hab deine Artikel schon vermisst.
    Als Single habe ich viele Weihnachten alleine verbracht, hatte keine Lust auf Familienstreit unterm Tannenbaum und habe Alternativprogramme vorgezogen. In Berlin mochte ich Weihnachten im Kino International sehr gerne. Da sind viele Menschen, die Weihnachtsmuffel oder alleine sind. Es gibt zwei tolle Filme und dazwischen ein leckeres Buffet. Mit einer offenen und sehr netten Stimmung. Tanzen gehen im SO36 ist auch immer schön. Ich habe auch mal ein Essen gemacht und dazu einen Freund und einen obdachlosen Bekannten eingeladen. Seit ein paar Jahren bin ich zwar kein Single mehr, aber wir laden zum Weihnachtsessen immer auch Freund*innen ein und es geht dabei sehr lustig zu. Bist herzlich willkommen im nächsten Jahr! Ich habe Heiligabend auch schon bei Kerzenschein (allein) in der Badewanne verbracht bei schöner Musik und einem guten Buch. Das ist allemal die bessere Alternative als anstrengende Familienkonstellationen mit übertriebener Erwartungshaltung.
    Wie gut, dass du die Rauhnachtsrituale entdeckt hast! Haben wir die letzten zwei Jahre auch gemacht und dieses Jahr eine Pause eingelegt.
    Komm gut ins neue Jahr in fröhlicher Runde, in der du dich wohl und willkommen fühlst. Alles Gute für dich im neuen Jahr, liebe Djuke!
    Herzliche Grüße
    Kerstin

    1. Liebe Kerstin, vielen lieben Dank für deine Rückmeldung. Da hab ich ja direkt einen ganzen Blumenstrauß an Optionen für Weihnachten 2024! Und von Herzen vielen Dank, dass ich mich bei euch willkommen fühlen kann. Vielleicht nehme ich dein Angebot an ❤️ Aber im Januar plane ich noch nicht für Dezember 😊

  8. Liebe Djuke,

    Danke für diesen super schönen Artikel 🤗! Ich freue mich mit Dir, dass Du eine gute „Lösung“ gefunden hast.

    Ich hatte auch schon überlegt einen über meine Weihnachten zu schreiben. Vielleicht baue ich es in einen Artikel mit ein. Wenn ich meinen Bruder nicht am Weihnachten dafür alleine lassen müsste, würde ich zu Dir kommen 😂.

  9. Liebe Duke, OMG, was habe ich Dich und Dein Schreib vermisst! Ich feiere Dich für diesen Artikel. Er ist wunderschön geschrieben, kommt leicht daher, macht nachdenklich, lässt lachen, staunen, mit Dir bangen und gruseln im nächtlichen Kleingartenbiotop. I feel you absolutely. Danke, dass Du mich mitgenommen hast in Deine innere und äußere Welt und in Deine (vielleicht) neue Tradition. Und in die Welt der alteingesessenen, nie hinterfragten gegenseitigen Erwartungen, die sich (ohne dass wir es merken) manchmal längst schon überholt haben. Und dahin, dass Mama nicht sauer ist, wenn du nicht kommst, dass das aber auch irgendwie Scheiße ist, auch wenn es genau das Ergebnis ist, das wir uns eigentlich wünschen. Verzwicktverzwackt.
    Danke! Du machst die Welt mit jedem Satz ein bisschen heller.
    Baby, ich will ein Buch von Dir!
    Alles Liebe, Du Schreibkumpanin
    von Birgit

    1. “. ..dass das aber auch irgendwie scheiße ist, auch wenn es genau das Ergebnis ist, das wir uns eigentlich wünschen…” SO MUCH YES!!!

      Danke für dein frischfreies Feedback, ich liebe alles an deinem Kommentar. ❤️

  10. Liebe Djuke,
    was für ein toller Artikel!
    Ich habe irgendwie schon viel zu lange nichts mehr von Dir gelesen, wie schön über diese Artikel gestolpert zu sein.
    Ich habe Weihnachten dieses Jahr zwar in gleicher Kern-Besetzung gefeiert, aber irgendwie ist es doch jedes Jahr etwas anders und ich mag die Flexibilität, die uns das bietet. Hat es in den vergangenen Jahren nämlich auch schon einige Male dazu geführt, dass liebe Freunde dabei waren. Es war immer eine Bereicherung für uns alle diese auch kinderlosen Singles dabei zu haben. Und so werden wir weiterhin die Türe offen, einen Platz am Tisch frei und ein offenes Herz bereit halten für diejenigen Freunde, die (noch?) keine eigene Tradition gefunden haben und unsere gemütlichen, improvisierten, pragmatischen Abläufe gerne ertragen.
    Von Herzen liebste Grüße, auf dass ich im neuen Jahr wieder mehr von Dir lese, komm gut rüber!
    Aimée

    1. ❤️❤️❤️

      Flexibilität an Weihnachten, das hört sich nach einer wunderbaren Tradition an! Ebenso wie improvisiert und pragmatisch, genau wie mein DIY-Räucher-Kit. 😉
      Wünsch dir auch alles Liebe für den Jahreswechsel!

  11. Liebe Djuke,

    was einem so alles auf der Selbsterkundung begegnet. Habs total gern gelesen. Danje dir. Gehöre in die Fraktion “Mit Mann und Kindern” – dieses Jahr haben wir mit einer anderen Kleinfamilie gefeiert und Black Stories erraten. War nett – aber vesonders schön war, dass es ein anderer Kreis war. Selbst gewählte Traditionen können schön sein. Oft sind es aber einfach nur träge Gewohnheiten. Alles Liebe wünsche ich dir – Korina

    1. Liebe Korina, das ist ein guter Punkt: Halten wir nur an etwas fest, weil wir das halt immer so gemacht haben? Dann würde ich das als eine alte Gewohnheit bezeichnen, die möglicherweise sinnentleert ist.
      Oder wiederholen wir etwas, weil es uns Freude macht, weil es Energie gibt, uns Verbindung fühlen lässt und sich vielleicht sogar an Veränderungen im Leben anpasst? Dann wäre das für mich eine schöne und selbst gewählte Tradition.

  12. Ein großartiger Artikel, liebe Djuke! Ist es nicht irgendwie skurril, dass es zu Weihnachten (oder anderen großen Familienfesten) grob gesprochen zwei gegensätzliche Gruppen gibt, die leiden: Diejenigen, die Weihnachten im Kreis ihrer Familie verbringen (müssen) und es kaum erwarten können, dass die Feiertage endlich wieder – und hoffentlich ohne Streit und Eskalation – vorbei sind. Und dann diejenigen, die sich – verstärkt durch das mediale “Weihnachts-Brainwashing” – einsam fühlen.
    Ich glaube, wenn man – wie du es ja auch gemacht hast – den 24.12. als einen “normalen” Tag sieht und genau das macht, was Spaß und Freude bringt (inkl. einer kleinen Dosis Unfug :-)), dann steht einer individuellen Feier oder auch Nicht-Feier nichts mehr im Wege.
    LG – Uli

    1. Das ist eine interessante Beobachtung, Uli. Kann ich auch sehen! Aus meiner Sicht hängt es auch sehr damit zusammen, was wir als Familie definieren und wer bei einem Familienfest dabei sein soll. Und vor allem: wer nicht.

      Ich höre so oft Klagen, wie anstrengend das alles war – Gehetze von einem Familienzweig zum nächsten, die geballte Faust in der Tasche, weil Schwiegerpapa so ätzend ist, und die Wahl zwischen zusammengebissenen Zähnen oder einem explosiven Streit unterm Baum, weil Tante Inge in einer Tour gemeine Kommentare ablässt.

      Blut ist dicker als Wasser, heißt es. Der Preis dafür ist oft der eigene Seelenfrieden und ein Überschreiten persönlicher Grenzen.

      Mein Weihnachtswunsch: Alle verbringen das Fest so, dass es ihnen guttut.

  13. Wow, das ist der erste Blogartikel, den ich von dir lese und dann gleich so ein toller!
    Ich finde es beeindruckend, wie offen und ehrlich du über dich selbst und deine Gefühlswelt schreibst. Da gehört für mich eine Menge Mut dazu und es macht dich sehr nahbar; ich denke jeder war schonmal in einem ähnlichem Gefühlszustand.
    An der ein oder anderen Stelle musste ich lachen. Du lässt trotz ernster Themen deinen Humor nicht raus! 🙂
    Ich bin einmal an Heiligabend in ein Schwimmbad mit ganz vielen Rutschen gefahren. Ich hatte sehr viel Spaß und konnte mich ganz uneingeschränkt nach meinen Bedürfnissen richten.
    Danke, dass du deine Erfahrungen mit der Welt teilst! 🙂

    1. Heiligabend im Schwimmbad 🤔 Hm. Wär nix für mich, aber klingt nach einer großartigen Idee!
      Ich glaube auch, dass viele diese oder eine ähnliche Situation von sich selbst kennen. Vielleicht erreiche ich mit dem Artikel, dass sich jemand hinterher weniger einsam fühlt! Das wäre schön.

  14. Hallo Djuke,

    ich fühle Dich so sehr und kenne das alles nur zu gut.
    Der gesellschaftliche Druck, kinderlos und partnerlos zu sein, unerträglich. Oft ist es allerdings der Druck, den wir uns selber machen.

    Ich finde es super schön, dass Du dies so offen und ehrlich mit uns teils und eben auch zeigst, dass es noch so viel mehr gibt wie Weihnachten.

    Ich feiere selbst die Rauhnächte ab dem 21.12 bzw. 22.12. Ein tolles Ritual, das so viel tiefer und weiter geht wie Weihnachten.
    Ich wünsche Dir für die restlichen Tage noch ganz viel Magie und Rauch 😉

    Liebe Grüße
    Julia

  15. Wow! Ein sehr persönlicher & toller Artikel 🫶 Ich sende ganz viel 💚!

    2 Gedanken dazu!

    1. Du bist so viel besser als die Gesellschaft 🫶

    2. Weihnachten ist nur ein Tag im Kalender!

    Räuchern war für mich vor Jahren der Beginn von neuen Leidenschaften. Mittlerweile ein Teil meines Lebens…

    Mal schauen was du nächstes Jahr schreibst… 🙂

    Liebe Grüße
    Nicole

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