Faszination Facilitation – wie eine Weiterbildung zufällig mein Leben verändert hat

Aufblasbares Einhorn im Pool mit Text auf dem Foto: Faszination Facilitation

Ich habe in meinem Leben schon unzählige Workshops, Seminare, Trainings, Teamtage und Konferenzen besucht – genau wie du vermutlich auch. Manche davon waren besser als andere, viele habe ich schon längst wieder vergessen und auf einige Erfahrungen hätte ich lieber verzichtet.

Nur ein ganz paar dieser Veranstaltungen sind mir bis heute positiv in Erinnerung geblieben. Nicht, weil ich dort den geilsten Life Hack ever gelernt habe. Sondern weil mir das Miteinander so gut gefallen hat.

Bis vor kurzem hätte ich dir nicht sagen können, was genau mich so begeistert hat an diesen Treffen, wo die Gruppe scheinbar wie von selbst zusammengewachsen ist. Vielleicht hätte ich mich daran erinnert, dass es dabei viele ehrliche Momente gab, weil es sich irgendwie gut angefühlt hat, mit der Gruppe in einen Austausch zu gehen.

Aber woher dieses Gefühl kam, was das verursacht hat und wie viel dieses manchmal fast magische Gruppenerlebnis mit der Person zu tun hat, die die Veranstaltung begleitet – das war mir bis jetzt nicht bewusst. Obwohl ich selbst oft vor Gruppen stehe und Treffen leite. Immer in der Hoffnung, die richtige Methode, den richtigen Ansatz gewählt zu haben, damit alle auch etwas aus der Veranstaltung mitnehmen.

Um meine Skills bei der Arbeit mit Gruppen zu erweitern, mache ich gerade ein einjähriges “Trainertraining”. Ende Juli 2023 habe ich im Rahmen dessen eine einwöchige Weiterbildung in “Facilitation” bei Jutta Weimar besucht.

Das war nicht weniger als lebensverändernd.

Klingt dramatisch, ist aber wahr. Zumindest, was mein Leben und mein Selbstbild als Trainerin angeht. Ich habe zum Beispiel viel mehr Fragen als vorher, vor allem an mich: Wer bin ich und wer will ich sein, wenn ich mit Gruppen arbeite? Wie komme ich dahin? Woran merke ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin?

Ich mag diesen Zustand in der Schwebe. Denn ich fühle, ich bin dabei, meine Antworten zu finden. In diesem Blogartikel schreibe ich darüber, wie und warum diese Woche Facilitation bei Jutta Weimar mich so sehr beeindruckt und berührt hat. Und über einen ganz, ganz großen Glücksmoment.

Was ist Facilitation?

Faci… Falzi… Fa… was?!? Ja, ich weiß. Blödes Wort. Facilitation ist der Fachbegriff für einen ganz bestimmten Ansatz, Gruppen bei einem Prozess zu begleiten. Ein:e Facilitator:in unterstützt Gruppen, effektiver zu arbeiten, damit sie ihr Problem gemeinsam lösen und gemeinsam Strategien erarbeiten.

Direkt übersetzt bedeutet Facilitation “Ermöglichung”. Ein Facilitator, eine Facilitatorin macht also Dinge möglich. Mit einer ganz besonderen inneren Haltung und speziellen Methoden wird möglich, dass bei einem Treffen ein Raum der Aufrichtigkeit entsteht, damit die Gruppe zusammenwachsen und dadurch zusammen wachsen kann. Es wird möglich, dass es sich gut für dich anfühlt, vor und mit anderen dein Herz zu öffnen und zu sagen, was dir gerade wirklich durch den Kopf geht. Und dass du darauf vertrauen kannst, von der Gruppe getragen zu werden.

Seminar, Training, Workshop: endlich finde ich Worte für den Unterschied

„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“, hat der Philosoph Ludwig Wittgenstein gesagt. Ich mag das Zitat, finde es sehr wahr. Es ist in seiner Komplexität eigentlich einen eigenen Blogartikel wert. Aber darum soll es jetzt nicht gehen. Sondern darum, dass mir die Erkenntnisse aus der Woche Facilitation für vieles die Augen geöffnet haben, sodass ich jetzt die Worte finde, um Dinge zu beschreiben.

Zum Beispiel kann ich endlich in Worte fassen, warum mir etwas an Workshops und Seminaren gefällt und warum nicht. Ich kann beschreiben, was mir bei der Arbeit mit Gruppen wichtig ist und ich habe erste Formulierungen dafür, was Gruppen von mir erwarten können, wenn ich sie bei Prozessen begleite.

Außerdem kann ich für mich jetzt den Unterschied zwischen Seminar, Training und Workshop definieren: Ein Seminar wird von einem Trainer oder einer Trainerin geleitet, die in einer bestimmten Sache mehr weiß als die Teilnehmenden. Es gibt Wissensinputs und dann Übungen zum ersten Anwenden und Ausprobieren des Gelernten. Für ein Training gilt im Wesentlichen dasselbe, in meinem Kopf ist “Training” aber noch handlungsorientierter als ein Seminar.

Zu einem Workshop kommt eine Gruppe zusammen, wenn sie aus sich heraus etwas erarbeiten will – zum Beispiel um die Unternehmenswerte zu formulieren oder eine Strategie zur Markteinführung eines Produkts zu erarbeiten. Ein:e Facilitator:in kann dazu kommen und die Gruppe im Prozess begleiten. Über den eigentlichen Inhalt weiß die Gruppe mehr als die Facilitatorin.

Facilitator:innen begleiten “nur” den Prozess und sorgen dafür, dass die Gruppe sich selbst organisieren kann. Sie vertrauen darauf, dass die Gruppe alles weiß, was sie wissen muss, um zu einer Lösung zu kommen. Mit wenigen, aber gezielten Interventionen ermöglichen Facilitator:innen, dass eine offene Atmosphäre entsteht, in der es leicht ist, ehrlich und kreativ zu sein und die geprägt ist von gegenseitigem Respekt.

Es gibt dabei kein schlechter oder besser, es sind einfach unterschiedliche Ansätze, mit Gruppen umzugehen, die sich für unterschiedliche Ziele eignen. Selbstverständlich gibt es auch Mischformen. Aber die grundsätzlichen Unterschiede für mich mal auseinander zu dividieren, war wichtig.

Ich habe eine Idee, wer ich sein kann als Begleiterin von Gruppen

Vor der Woche “Facilitation” hatte ich in meinem Kopf ein Haufen unsortierter Puzzleteile. Auf jedem war ein anderes Stückchen Weisheit und Erfahrung zur Begleitung von Gruppen abgespeichert. Aber ich konnte sie nicht zusammenbringen, es waren zu viele, zu ähnliche. Mir hat die Vorstellung davon gefehlt, welches Motiv aus ihnen entstehen könnte.

Mit den Erlebnissen aus dem Facilitation-Training ist das jetzt anders. Mein Zielbild ist zwar noch nicht vollständig, aber jede Erkenntnis hat ein kleines Stück mehr von dem enthüllt, wer ich sein kann, sein möchte oder sogar: wer ich jetzt schon bin, wenn ich Gruppen begleite. Mit meinem neuen Wissen kann ich jetzt die unsortierten Puzzleteile zu etwas Größerem zusammenfügen, auch wenn es immer noch Teile gibt, die ich noch nicht zuordnen kann. Außerdem habe ich Teile entdeckt, die gar nicht passen, die zu einem anderen Bild gehören.

Mit diesem neuen Bild vor meinem inneren Auge fällt es mir auf einmal leicht Worte zu finden, um zu beschreiben, was mir wichtig ist bei der Begleitung von Gruppen und wohin ich mich entwickeln möchte. Ich wäre vorher ganz sicher nicht in der Lage gewesen, diesen Artikel zu schreiben – in Ermangelung der passenden Worte. Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt. Die Grenzen meiner Sprache haben sich durch mein Wissen in Facilitation erweitert – und damit gleichzeitig die Grenzen meiner Welt.

Einfach mal nichts tun – ohne schlechtes Gewissen

Als Trainerin oder Moderatorin fand ich es immer schon am schönsten, wenn die Teilnehmenden nach einer Input-Phase selbst arbeiten. Ich nenne das: ein Lernerlebnis schaffen. Bisher dachte ich, dass sich diese Haltung vor allem aus meiner eigenen Erfahrung speist: Wenn ich selbst Teilnehmerin bin, nehme ich dann am meisten mit, wenn ich dazu angehalten werde, Dinge selbst zu durchdenken und mich mit anderen dazu auszutauschen.

Mit meinen neuen Facilitation-Erkenntnissen weiß ich jetzt: In diesen Lernerlebnis-Phasen habe ich unbewusst aus einer “facilitativen Haltung” heraus agiert. Ich habe darauf vertraut, dass die Kleingruppen von sich aus zu einem Ergebnis kommen. Ich habe auf Selbstverantwortung und Selbstorganisation der Gruppe gesetzt und habe mich schon während der Arbeitsphase darauf gefreut, was die Teilnehmenden im Plenum dazu teilen.

Das behalte ich auf jeden Fall bei und werde diese Inseln der Selbstorganisation Schritt für Schritt ausweiten. Was anders wird: mein Gefühl dabei. Bislang hatte ich latent ein schlechtes Gewissen, in diesen Phasen einfach mal nichts zu tun. Außer vielleicht etwas aufzuräumen oder eine Wasserkaraffe aufzufüllen. Jetzt weiß ich: ich facilitiere gerade. Fühlt sich viel besser an! 😀

Mein Glücksmoment: Ich habe meine Expertise gefunden

Die Erkenntnisse aus meiner Begegnung mit Facilitation als innerer Haltung und Methode gehen noch weiter. Oder tiefer? Jedenfalls habe ich habe gelernt, dass es bei bestimmten Zielen einer Gruppe nicht mal einen inhaltlichen Input von mir braucht, damit sie miteinander etwas Neues entwickeln können. Sondern „nur“ Struktur. Nur einen Raum, nur Möglichkeiten, miteinander in Kontakt zu kommen. Das “Nur” steht in Tüdelchen, weil diese Abgabe von Verantwortung an die Gruppe und die Hingabe an den Prozess mindestens genauso viel Aufwand ist wie die Gestaltung eines traditionellen Trainings.

Ich brauche gar nicht vorne zu stehen und zu behaupten, mehr Ahnung vom Thema zu haben als die Gruppe. Ich brauche Prozesswissen und die Fähigkeit, Raum für Gedanken zu geben und zu halten. Mindblowing!!!

Das bedeutet nämlich für mich: Ich habe meine Expertise gefunden. Ich habe immer schon ein Talent dafür gehabt, Strukturen zu schaffen, um Arbeit zu organisieren, für mich und für andere. Und ich bin nicht nur gut darin, sondern es macht mir auch noch Spaß.

Jetzt weiß ich, dass ich mit diesem Talent nicht nur als Assistenz im Hintergrund der Geschäftsführung (unterbezahlt und ungesehen) wuseln kann und dafür sorge, dass ein Laden läuft. Das habe ich mehrere Jahre gemacht. Sondern in viel größeren Kontexten, die viel mehr Sinn für mich ergeben. Ich kann Facilitatorin sein und eine Struktur schaffen, in der Gruppen sich auf ganz neue Weise begegnen und genau deswegen zu neuen Erkenntnissen kommen. Das macht mich gerade sehr glücklich!

Wahnsinnig glücklich bin ich auch darüber, dass diese Weiterbildung und ich irgendwie zusammengefunden haben. Ich freue mich schon jetzt darauf, das alles anzuwenden, auszuprobieren und Schritt für Schritt meine Expertise als Facilitatorin auszubauen.

Neben dem Inhalt und den lebensverändernden Erkenntnissen ist da auch noch die zwischenmenschliche Seite, die in dieser Woche etwas ganz Besonderes war. Bei, von und mit Jutta die Facilitation-Welt zu entdecken, war ein echter Glücksfall. Ich hab sie dabei sehr ins Herz geschlossen – als Trainerin, Facilitatorin und vor allem als Mensch.

Und ich habe die 15 anderen Menschen, die mit mir zusammen die Trainertraining-Jahresausbildung machen, noch mal ganz anders kennengelernt. Wir sind als Gruppe noch enger zusammengerückt als vorher durch diese Erlebnisse miteinander. Da entsteht was Großes draus. Ich spür schon, wie es in mir kribbelt.

6 Kommentare

  1. Liebe Duke,
    Du sprichst mir aus dem Herzen und formulierst das wieder so treffend. Danke für das Sortieren meiner Gedanken und Deinen Beitrag für noch mehr Klarheit. 😉
    Lg & bis ganz bald

  2. Liebe Djuke, danke für diesen wundervollen Artikel. Danke für in Worte fassen, etwas zu beschreiben, das mir sehr am Herzen liegt, für das ich bisher keine Worte fand. Danke für deine Mittlerinnenfunktion. Mir geht das Herz auf. Ich spür auch, dass da was Großes vor dir liegt. Ganz viel Freude und Erfolg für dich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner