12 von 12 im September 2024 – Reise in meine Vergangenheit

12 von 12, das heißt: 12 Bilder vom 12. Tag im Monat. Und plötzlich wird aus einem unspektakulären Tag ein ganz besonderer, weil ich meine Aufmerksamkeit auf die kleinen Dinge fokussiere.

Der 12. September 2024 ist ein Donnerstag. Es ist noch nicht so richtig Herbst, aber auch nicht mehr richtig Sommer. Das Wetter? Wechselt ständig, von Platzregen bis 23-Grad-Sonnenschein ist alles dabei. Unter anderem, weil ich im Zug von Berlin gen Norden in meine alte Heimat fahre. Nur für eine Stippvisite, und leider für einen traurigen Anlass: Ein lieber Freund ist unerwartet gestorben und wird morgen beigesetzt. Hier kannst du meinen Nachruf auf Friedel Twenhöven lesen.

Der Trip, diese Reise in meine Vergangenheit, wirft meinen ganzen Terminplan durcheinander, aber es ist mir ein Anliegen mich richtig von Friedel zu verabschieden. Dementsprechend ist meine Laune so lala. Aber 12 Fotos habe ich geschafft.

Komm, ich nehm dich mit durch meinen Tag!

#1 von 12 – Koffer packen. Passende Klamotten für die Beisetzung rauszusuchen ist wirklich schwierig. Schwarz ist keine Farbe, die besonders häufig in meinem Kleiderschrank vorkommt. Untypisch für Berlin, ich weiß. Guckste hier auf die Straße, ist mindestens jeder dritte Mensch von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. Ich hingegen trage Schwarz nur ungern. Und wenn, dann nur ein einzelnes Teil. Wenn alle meine Klamotten schwarz sind, hab ich das Gefühl, ich kriege keine Luft mehr und alles Leben wird aus mir rausgequetscht.

Da ich Atmen schon ganz essenziell finde, entscheide mich für einen Kompromiss. Strickjacke, Strumpfhose und Schuhe in Schwarz, dazu ein Kleid, das in Unbunt ein bisschen gemustert ist. Und um in der zu erwartenden friesischen Brise warm genug zu bleiben: ein riesiger Schal in schwarz-grau-weiß.

#2 von 12 – Proviant für die Bahn. Auch hier Mix aus „nicht mehr Sommer“ und „noch nicht Herbst“: Packe die letzten Nektarinen und die ersten Zwetschgen des Jahres ein.

#3 von 12 – Schnappschuss auf dem Weg zur S-Bahn: When too perfect, lieber Gott böse. Merk ich mir. Und liebe, dass diese Weisheit einfach mal als Blechschild in einem Fahrradkorb rumlungert.

#4 von 12 – Hamborch, meine Perle! Die schönste Stadt der Welt beschenkt mich mit Premium-Wetter. Zwischen Hauptbahnhof und Dammtor öttelt der ICE im Schritttempo. Was mir sehr gelegen kommt, denn dieser Ausblick auf die Binnenalster und den Jungfernstieg zählt zu den schönsten, die es beim Zugfahren gibt.

#5 von 12 – Schleswig-Holstein. Der echte Norden. Damit das klar ist!

Das ist seit ein paar Jahren der offizielle Claim des Bundeslandes. Vorher war’s „Land der Horizonte“. Gefiel mir besser. Bei „Der echte Norden“ schwingt so ein Diss mit, es klingt leicht herablassend – als ob Meck Pomm oder Hamburg nicht auch norddeutsch wären.

Wenn ich „Land der Horizonte“ höre, geht mir sofort mein Herz auf, ich atme tief durch und mein Denken wird ganz weit. Aber naja. Mich hat halt niemand gefragt. Ich steig trotzdem in den Zug, denn Norden ist die Richtung, in die es geht.

#6 von 12 – Der zweite Moment, den ich auf meiner Fahrt in die Heimat besonders liebe: Wenn der Zug auf der Hochbrücke den Nord-Ostsee-Kanal überquert. Heute sind keine dicken Pötte zu sehen. Nicht mal ein kleines Bötchen oder die Fähre. Trotzdem schön. Die verwischte Optik ist übrigens kein Fettfingerabdruck auf der Linse, sondern der Regenguss, der grad runterrauscht.

#7 von 12 – Angekommen! Das ist mein kleiner Heimatbahnhof. Außen hui (nicht im Bild), innen pfui (siehste selbst, ne?). Sei froh, dass übers Internet keine Gerüche transportiert werden.

Was du nicht siehst: Dieses Fenster an dieser Heizung ist eine Zeitmaschine. Bei dem Anblick werd ich instantly wieder zum Teenie. Neun Jahre lang bin ich da morgens auf dem Weg zur Schule dran vorbeigekommen. Allerdings fehlt auf dem Bild ein wichtiges Element: Meine älteste Freundin Martina, die da jeden Morgen auf mich gewartet hat, damit wir gemeinsam durch die Pfützen der ekelhaften Unterführung zum Bahnsteig waten konnten.

#8 von 12 – Ich spaziere vom Bahnhof zu meinem alten Zuhause und komme dabei am Marktplatz mit seinem Schweinebrunnen vorbei. Was hat das vor gut 25 Jahren für einen Aufstand gegeben, als das Ding aufgestellt werden sollte!

Die Skulptur war ein Geschenk des Künstlers anlässlich des 100. Stadtjubiläums. Sollte an den Ferkelmarkt erinnern, der dort früher stattfand. Die Stadtvertreter (yes, alles Männer) dachten beim Anblick an ganz andere Schweinereien und wollten sich mit dem Teil keineswegs den Marktplatz versauen. Wie man sieht, haben sie sich wieder eingekriegt. Und so prusten die Schweinchen seit dem Jahr 2000 fröhlich Wasser durch ihre Schnauzen auf den Platz.

#9 von 12 – Das Nordfriisk Instituut, die einzige wissenschaftliche Forschungseinrichtung für die friesische Sprache mit all ihren vielen Dialekten. Gegründet in den 1960er Jahren von meinem Vater.

#10 von 12 – Der Mühlenbach. Da haben wir früher oft gespielt, vor allem an sommerlich warmen Tagen wie heute. Frösche gucken, Wasser mit Dämmen aufstauen, Holzschiffchen durch den Tunnel schwimmen lassen und gespannt darauf warten, ob sie am anderen Ende wieder rauskommen.

#11 von 12 – Nach Sommer kommt… Fallobst. Sehen aus wie aus dem Supermarktregal, die Äpfel. Schmecken aber viel besser.

#12 von 12 – Das war’s für heute. Auch wenn es ein trauriger Anlass ist: Schön isses hier!

Gute Nacht und bis zum nächsten #12von12!

Das Format “12 von 12” ist eine alte Blogging-Tradition. In der deutschsprachigen Blogging-Community wird das Format von Caroline Lorenz-Meyer über ihren Blog “Draußen nur Kännchen” gehostet.

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6 Kommentare

  1. Liebe Djuke! Danke, dass du uns hast teilhaben lassen! Eine schöne Idee dieses “12 von 12”. Ich mag deinen Erzählstil!
    Nu weiß ich auch endlich wo genau deine alte Heimat ist. Wir sind dem Landkreis NF auch sehr verbunden und lieben sowieso alles an Norddeutschland.
    Weiter so!
    LG Andreas

  2. liebe djuke, du fasst es perfekt zusammen: trotz traurigem anlass sooo schön. ich fands total spannend dir durch die bilder durch einen teil deines tages zu folgen und zwischen den bildern und zeilen kam irgendwie auch die nostalgie des ganzen durch, die bei so einer reise zurück in die alte heimat mitschwingt. spannend auch, dass dein vater diese forschungseinrichtung zur friesischen sprache gegründet hat. lg und viel kraft fürs abschiednehmen!

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